18. Januar 2018

Warum wir verschreibungspflichtige Medikamente nicht ohne Untersuchung abgeben

Die Sache mit den verschreibungspflichtigen Medikamenten…

„Mein Hund schüttelt schon wieder den Kopf und kratzt sich an den Ohren – er hat eine Ohrenentzündung. Ich kann nicht mit ihm vorbeikommen, geben Sie mir doch einfach die Ohrentropfen vom letzten Mal mit.“

Warum geben wir keine antibiotikahaltigen Ohrentropfen ohne vorherige Untersuchung ab?

1) Die Ursachen für eine Ohrenentzündung sind zahlreich (Milben, Pilze, Bakterien, Allergien, Fremdkörper, Polypen,…). Um den Grund herauszufinden, muss der Gehörgang mit einem Otoskop angeschaut werden. Mit einem Watteträger wird Sekret entnommen, auf einem Objektträger ausgestrichen und abgefärbt. Unterm Mikroskop können die Erreger identifiziert und daraufhin gezielt behandelt werden. Auch wenn ein Hund schon dreimal eine Hefepilzentzündung hatte, können es beim vierten Mal trotzdem resistente Bakterien sein. Zudem sollte bei wiederkehrenden Otitiden der Auslöser (häufig Futtermittelallergien) gesucht werden.


2) Bei meisten Ohrentropfen handelt es sich um Kombipräparate, die Cortison, ein Antimykotikum und ein Antibiotikum enthalten. Solche Medikamente dürfen wir Tierärzte (und auch Ärzte) nicht ohne vorherige Untersuchung verschreiben oder verkaufen. Damit würde sich ein Tierarzt strafbar machen. 

“§ 12 Abgabe der Arzneimittel an Tierhalter durch Tierärzte

(1) Arzneimittel, die für den Verkehr außerhalb der Apotheken nicht freigegebene Stoffe oder Zubereitungen aus Stoffen enthalten oder auf Grund ihres Verabreichungsweges oder ihrer Indikation apothekenpflichtig sind, dürfen von Tierärzten an Tierhalter nur im Rahmen einer ordnungsgemäßen Behandlung von Tieren oder Tierbeständen abgegeben werden.

2) Eine Behandlung im Sinne des Absatzes 1 schließt insbesondere ein, dass nach den Regeln der tierärztlichen Wissenschaft

1.   die Tiere oder der Tierbestand in angemessenem Umfang untersucht worden sind und

2.   die Anwendung der Arzneimittel und der Behandlungserfolg vom Tierarzt kontrolliert werden.“ (Quelle: Verordnung über tierärztliche Hausapotheken TÄHAV)

“Antibiotika sind das wichtigste Instrument zur Behandlung von bakteriellen Infektionskrankheiten. Jedoch nehmen auch in Deutschland die Fälle von AntibiotikaResistenzen zu. Dadurch können Medikamente bei erkrankten Menschen oder erkrankten Tieren ihre Wirkung verlieren. Da jeder Einsatz von Antibiotika letztlich die Resistenz fördern kann, muss sichergestellt sein, dass Antibiotika bei Heim- und Hobbytieren sowie bei Tieren, von denen Lebensmittel gewonnen werden, nur dann eingesetzt werden, wenn sie unbedingt erforderlich sind.“ (Quelle: Arzneimittelgesetz)
Wir können von zahlreichen Bespielen berichten, bei denen Tiere ohne Untersuchung mehrfach mit Antibiotika erfolglos behandelt wurden. Die vermeintlich harmlose Blasenetzündung einer Katze entpuppte sich als Blasenstein,  die Kropfentzündung beim Wellensittich als Trichomonadenbefall oder die immer wiederkehrende Bindehautentzündung war tatsächlich ein kleiner Dorn im Hundeauge. 

Wären diese Tiere vorher untersucht worden, hätte man nicht nur einen unnötigen Medikamenteneinsatz verhindert, sondern ihnen unnötiges Leid erspart bzw. sie wären – wie im Falle vieler Wellensittiche – noch am Leben.

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