Soll ich meinen Hund/meine Katze entwurmen? Ist es wirklich nötig, mein Tier mit Chemie vollzupumpen? Was ist bei einer Wurmkur Pro und Contra? Diese Fragen hören wir täglich in unserer Praxis. Es herrscht Unsicherheit bei Tierhaltern, was das Thema Entwurmung angeht. Zahlreiche mehr oder weniger fundierte Texte, die im Internet die Runde machen, vergrößern diese noch. Grund genug, das Thema mit fachlichem Hintergrund etwas aufzuarbeiten:
Weltweit kommen die unterschiedlichsten Würmer vor. Bei uns in Deutschland geht es hauptsächlich um Spul- (Toxocara canis und cati), Haken- und Bandwürmer, die bei Hunden und Katzen vorkommen.
Es gibt auch Lungenwürmer in unseren Breitengraden. Wenn sie beispielsweise ihren Hund mit in südliche Länder nehmen möchten, sollte eine Herzwurmprophylaxe erfolgen.
Wie stecken sich Tiere überhaupt an?
Welpen können sich schon im Mutterleib (intrauterin) oder durch die Muttermilch anstecken.
Ansonsten verläuft die Ansteckung durch Aufnahme infektiöser Wurmeier, die durch befallene Tiere mit dem Kot ausgeschieden werden.
Der Gurkenkernbandwurm (Dipylidium) kann durch die Aufnahme von infizierten Flöhen übertragen werden. Deshalb sollte jedes Tier mit Flohbefall auch entwurmt werden.
Hunde- (Echinicoccus granulosus) und Fuchsbandwurm (Echinococcus multilocularis) werden durch das Fressen von rohem Fleisch wildlebender pflanzenfressender Wiederkäuer (Wildschweine) und Nagetieren (Mäuse) aufgenommen.
Nach Aufnahme der infektiösen Wurmeier durchlaufen diese zum Teil sehr komplexe Entwicklungszyklen, über mehrere Larvenstadien in unterschiedlichen Zwischenwirten bis hin zum adulten geschlechtsreifen Wurm, der dann wiederum erneut Eier produziert. Diese werden ausgeschieden und reifen in der Umgebung zum infektiösen Wurmei heran. Und damit geht das Spiel wieder von vorne los.
Diese abgefahrenen Entwicklungszyklen erspare ich uns. Es reicht, wenn sich diese Zyklen Generationen zusehends der Verzweiflung nahenden Studenten der Tiermedizin ins Hirn prügeln müssen, um sie nach bestandener Parasitologie-Prüfung sofort wieder zu vergessen.
Eine einprägsame Anekdote ist mir allerdings im Gedächtnis geblieben: Bei Vögeln gibt es eine Luftröhrenwurm (Syngamus tracheae), bei dem der männliche und der weibliche Wurm in Dauerkopulation an der Luftröhrenschleimhaut angeheftet leben. Diese sehen wie ein rotes Ypsilon aus.
Wie gefährlich sind Wurminfektionen?
Das hängt ganz von der Wurmart und dem Weg, den die Würmer in unterschiedlichen Entwicklungszyklen durch den Körper nehmen ab.
Die meisten dieser Parasiten leben im Dünndarm und können Magen-Darm-Symptome wie Durchfall und Erbrechen verursachen. Sie triggern durch Schädigung der Darmschleimhaut das Entstehen von Futtermittelallergien. Bei Welpen kann ein Wurmbefall verheerende Folgen haben: Mangelerscheinungen, Abmagerung, Nährstoffunterversorgung und Wachstumsstörungen. Bei massivem Befall kann es zur Bildung von Wurmknäuel im Darm kommen, die wiederum zum Darmverschluß und somit zum Tod führen.
Lungenwürmer verursachen Husten.
Welche Krankheitsanzeichen treten auf?
Die meisten Wurminfektionen bei unseren Hunden und Katzen verlaufen frei von Symptomen. Hier geht es mehr um die Ansteckungsgefahr für den Menschen.
Kann sich der Mensch bei Hunden und Katzen mit Wurmbefall anstecken?
Definitiv: Ja!
Viele Wurminfektionen sind zoonotisch, das heißt auch für den Menschen gefährlich. Insbesondere Kinder, die ja häufig einen noch engeren Kontakt zum Haustier haben -nicht alleine durch ihre gleiche Augenhöhe und damit auch gleiche Mund- und Schnauzenhöhe- sind stark gefährdet.
Beim Menschen kann es zu Fieber, Bauchschmerzen, Übelkeit, Unterernährung, Blutarmut und Darmverschluss kommen. Je nach Wanderweg der Larven treten Husten (Lunge), aber auch Larven im Auge (Larva migrans) auf.
Hunde- und Fuchsbandwurm bilden Zysten (Parasitenblasen) in der Leber, aber auch in Lunge und Gehirn, deren Therapie sehr schwer und zum Teil aussichtslos ist.
In Entwicklungsländern stellen Wurminfektionen beim Menschen ein ernstes Problem dar.
Was kann ich gegen Wurminfektionen und Wurmbefall tun – Wurmkur Pro und Contra
- Zunächst die infektiösen Hinterlassenschaften beseitigen, sprich den Kot des Hundes oder Katze einsammeln und wegwerfen.
- Regelmäßige Gabe einer Wurmkur zur Entwurmung – und bei diesem Punkt scheiden sich nun die Geister:
Wurmkuren enthalten Wirkstoffe, die hauptsächlich auf Wurmstrukturen wirken. Sie wurden während ihres Zulassungsverfahrens ausführlich auf ihre Verträglichkeit getestet. Nebenwirkungen der entwurmung können Erbrechen und Durchfall sein.
Auf dem Markt existieren zahlreiche Anthelminthika (Medikamente, die Würmer abtöten). Einige helfen nur bei bestimmten Würmern wie zum Beispiel Bandwürmer (Praziquantel). Andere sind Kombipräparate, die Spul-, Haken- und Bandwürmer abtöten. Welches Mittel eingesetzt werden sollte, muss dann individuell abgewogen werden und hängt von mehreren Faktoren ab.
Die ESCCAP (European Scientific Council Companion Animal Parasites) empfiehlt:
- Hunde alle 3 Monate
- freilaufende Katzen alle 4 Wochen (gegen Bandwürmer) und
- Hauskatzen einmal jährlich zu entwurmen.
- Welpen sollten alle 2 Wochen (Hunde), alle 3 Wochen (Katzen) bis 3 Wochen nach dem Absetzen entwurmt werden.
Das hört sich ganz schön oft an. Hat aber den Hintergrund, dass eine Wurmkur eine rein therapeutische und nicht prophylaktische Wirkung hat. Sie wirkt nur etwas 24 Stunden. Das heißt, dass sich das Tier direkt am nächsten Tag gleich wieder infizieren kann. Dann beginnt die sogenannte Präpatenzzeit.
Was bedeutet Präpatenz?
Die Präpatenzzeit bezeichnet den Zeitraum, in dem sich Tiere mit dem Parasiten infizieren, bis hin zur Ausscheidung seiner Vermehrungsprodukte.
Sie dauert bei den meisten Spulwürmern 7-9 Wochen. In dieser Zeit ist das Tier infiziert, scheidet aber noch keine Wurmeier aus, die dann logischerweise auch nicht in einer Kotuntersuchung nachgewiesen werden können!
Risikofaktoren die Wurminfektionen begünstigen
- unbeaufsichtigter Auslauf
- Hunde/Katzenpensionen, Hundetagesstätte (HuTas), Tierheime, Zuchten
- Jagdhunde
- Rohfleischfütterung (alle 6 Wochen Bandwurmkur)
- Mäusefressende Katzen (alle 4 Wochen Bandwurmkur)
Nur entwurmen, wenn auch Würmer da sind
Massiv von Würmern befallene Tiere, erbrechen oder scheiden diese mit dem Kot aus. Entweder in Form von dünnen „Spaghetti“ (Spulwürmer) oder Reiskörnern (Bandwurmglieder). Dann ist eine bestehende Infektion eindeutig. Die meisten Tiere jedoch zeigen keine Krankheitssymptome und scheiden erst nach Ablauf der Präpatenzzeit Wurmeier aus, die mit bloßem Auge nicht sichtbar sind.
Beim Tierarzt wird mit einer Kotuntersuchung vorhandene Eier von Würmern nachgewiesen. Allerdings nur, wenn sie ausgeschieden wurden. Um demnach eine möglichst hohe Trefferquote zu erzielen, untersuchen wir eine 3-Tage-Sammel-Kotprobe. Dass ist die korrekte Vorgehensweise, die von vielen Tierhaltern bevorzugt wird. Es ist jedoch zu bedenken, dass die Untersuchung während der Präpatenzzeit „falsch negativ“ ist.
Was bedeutet „Präpatenzzeit falsch negativ“ – ein Beispiel:
Ein Hund wurde Anfang April entwurmt. Er infiziert sich Anfang Juni erneut mit einem Spulwurm, dessen Präpatenzzeit 8 Wochen beträgt. Anfang Juli sind in einer 3-Tage- Sammelkotprobe waren demgemäß noch keine Eier zu finden. Anfang August beginnt die Ausscheidung von Wurmeiern, die erst im Oktober, bei der vierteljährlichen Kotuntersuchung entdeckt werden. Der Hund hat also infolgedessen 2 Monate Eier ausgeschieden, in denen er vermeintlich negativ war.
Ich halte die Untersuchung von Kotproben für eine sehr gute Methode, aber sie ist eben leider nicht unfehlbar!
Wenn also ihre Katze hingebungsvoll mit ihrem Einjährigen kuschelt, nachdem sie eine halbverzehrte Maus als Geschenk vor die Balkontür gelegt hat, oder ihr Junghund großen Gefallen am Vertilgen der Ausscheidungen anderer Hunde findet, halte ich es für sinnvoller (und ehrlich gesagt auch bequemer), diese Tiere einfach regelmäßig zu entwurmen, als alle 4 Wochen über 3 Tage, deren Kot einzusammeln und zum Tierarzt zu bringen.
Bei einer reiferen und vornehmen Hundedame hingegen, die sich nicht groß um Kontaktaufnahme mit Ihresgleichen schert, sind regelmäßige Kotuntersuchungen indessen eine gute Alternative.
Wie viel kostet eine Wurmkur für Hunde und Katzen?
Der Vorwurf, dass Tierärzte mit der Abgabe von Wurmkuren nur Geld verdienen wollen, wird in Internet-Foren des Öfteren geäußert.
Die Kosten einer Tablette liegen zwischen 3 und 15 Euro je nach Präparat, Körpergewicht und tatsächlichen Wurmbefall des Tieres.
Beispiel einer komplett Entwurmung: Hund, Körpergewicht bis 20kg, 1 Tablette = 5,80€
Demnach hält sich das Geld verdienen, nur mit der Abgabe einer Wurmkur doch eher in Grenzen.
Um den Vorwürfen aus dem Internet gerecht zu werden, müssten Tierärzte immer(!) eine Kotprobe einfordern und diese mit Laborgeräten untersuchen. Eine Untersuchung ist mindestens doppelt so teuer wie eine Wurmkur. Bei positivem Befund kommt die Wurmkur noch dazu.
Alternativen zu Wurmkuren
Auf dem Markt existieren zahlreiche Kräutermischungen, die Würmer aus dem Darm vertreiben sollen. Ob sie nun aus Kokosflocken, Kürbiskernen oder Kräutern bestehen.
Es gibt keine fundierten wissenschaftlichen Studien, die deren Wirksamkeit belegen.
Wie dieser Bericht abschließend verdeutlichen soll, ist das Risiko für Mensch und Tier gegeben. Meine persönliche Meinung ist, dass man -zumindest beim Vorhandensein von Kindern im Haushalt- um regelmäßige Wurmkuren nicht herumkommt.