Vorletzte Woche wurde uns ein ganz besonderes Tier gebracht: eine Fledermaus, unser kleinster Patient. Sie wog gerade mal 5 Gramm(!) und war damit das bisher kleinste Tier in unserer Praxis, dicht gefolgt von einem Goldhähnchen, welches 8 Gramm wog.
Da fiel uns auf, dass wir kaum etwas über diese Tierchen wissen
Es gibt viele unterschiedliche Arten von Fledermäusen. Die größte ist die Australische Gespenstfledermaus mit einer Flughaut-Spannweite von 60 cm.
In Mitteleuropa gibt es ca. 30 Arten, die allerdings nur selten größer als 5 cm werden.
Fledermäuse können bis zu 30 Jahre alt werden und besitzen so einige Besonderheiten, die es bei keinem anderen Säugetier so gibt:
+Sie sind die einzigen flugfähigen Säugetiere. Die Flughaut spannt sich zwischen Hand, Hinterbein und Schwanz. Diese Häute benutzen sie beim Insektenfangen als Kescher.
+Ihr Gehör ist das beste in der Tierwelt.
+Sie besitzen ein Echoortungssystem. Indem sie hochfrequente – für uns nicht hörbare – Wellen aussenden und deren Reflexion empfangen, können sie die Umgebung und zu fressende Insekten orten.
+Ihre Füße zeigen nach hinten und rasten praktisch ein, damit sie kopfüber ohne großen Aufwand hängen können.
Nachtaktive Jäger
Fledermäuse ziehen sich tagsüber in Felsspalten, Höhlen und Dachböden zurück, wo sie über-Kopf-hängend schlafen. Wenn es dunkel wird, gehen sie auf Insektenjagd. Die bei uns heimischen Arten fressen ausnahmslos Insekten. Es gibt jedoch auch Vampirfledermäuse, die sich vom Blut anderer Tiere ernähren.
Winterschlaf
Wie die Igel halten Fledermäuse einen echten Winterschlaf. Von Anfang November bis Ende März ziehen sie sich in Felsritzen und Höhlen zurück, in denen es feucht und kalt, aber frostsicher ist. Dort kuscheln sie sich in Gruppen in ihren Flughäuten aneinander, um möglichst wenig Energie zu verlieren.
Der Stoffwechsel wird heruntergefahren auf 3-5 °C. Die Herzfrequenz sinkt von 300- 600 auf 18-80/min.
Fortpflanzung erst, wenn es passt
Spannend ist auch die Fortpflanzung. Auf dem Weg zum Winterquartier Ende September locken die Männchen die Weibchen in ihr Balzquartier und paaren sich. Dabei beißen sie das Weibchen in den Nacken. Dieses hat im Gegenzug kein Problem damit, sich von mehreren Fledermaus-Herren begatten zu lassen.
Dann wird erstmal Winterschlaf gehalten. Im Frühjahr, wenn die Nahrungsbedingungen gut sind, befruchtet das im weiblichen Geschlechtstrakt gespeicherte Sperma dann die Eizelle, und die Weibchen bringen nach 40-70 Tagen Tragezeit ein Jungtier zur Welt. Dieses ziehen sie zusammen mit 10-20 anderen Müttern in sogenannten „Wochenstuben“ auf, bis die Kleinen nach 5-8 Wochen selbst klar kommen.
Fledermäuse gehören zu den gefährdeten Tierarten
Ihre natürlichen Feinde sind Raubtiere, Greifvögel und Eulen, aber auch Katzen.
Problematisch macht es für sie aber wieder einmal der Mensch, der Ihre Rückzugsmöglichkeiten durch modernen Wohnungsbau dezimiert. Zudem leiden Fledermäuse auch unter dem Einsatz von Pflanzenschutzmitteln, weil zum Einen die Anzahl von Insekten und damit das Nahrungsangebot reduziert wird und zum Anderen, die noch vorhandenen Insekten kontaminiert sind und so zu Vergiftungen führen.
Wer diesen Tieren etwas Gutes tun möchte, kann im eigenen Garten einen kleinen Teich anlegen und gut duftende Blumen anpflanzen. Beides lockt Insekten an und in der Nacht damit auch Fledermäuse.
Erste Hilfe für eine gefundene Fledermaus
+Selbstschutz mit Handschuhen. (wie auf dem Foto zu sehen – beispielgebend dran gehalten 😉).
+Fledermäuse können Tollwut übertragen!
+Vorsichtig mit einer kleinen Spritze Wasser geben.
+Fütterung mit Mehlwürmern. Finger weg von Katzenfutter, Banane und Hackfleisch.
+Sicher in einem Karton unterbringen. Achtung: Fledermäuse sind wahre Houdinis und kommen überall heraus!
Wertvolle Tipps gibt es auch beim NABU. Fledermaus-Hotline Tel. 030-284984-5000