Maleika ist eine zahme und sehr freundliche Timneh-Graupapageiendame, die schon seit einiger Zeit auf dem linken Auge an einer Katarakt (Grauer Star) leidet. Wir beschreiben hier den Eingriff „Augenentfernung Graupapagei“, um zu zeigen, dass sich dieses etwas schlimm klingende Thema am Ende für das Tier gelohnt hat.
Was ist eine Katarakt?
Die Linse ist ein durchsichtiges, beidseitig abgerundetes Organ, welches an Fasern im Inneren des Auges aufgehängt ist. Sie besteht zu 65% aus Wasser und 35% aus Proteinen und wird von einer Kapsel umgeben. Der normale Zustand der Linsenproteine ist für die Transparenz der Linse essentiell.
Wenn die Sauerstoffversorgung der Linse sich vermindert, resultiert daraus eine erhöhte Wasseraufnahme. Die Linsenfasern schwellen zunächst an, um daraufhin wieder zu schrumpfen. Die Linse trübt sich ein, so dass die Sehfähigkeit beeinträchtigt wird. Das an sich ist nicht so schlimm. Aber durch die Strukturveränderungen in der Linse, kann es passieren, dass deren Kapsel reißt, der Linseninhalt ins Auge gelangt und es zu einer massiven Augenentzündung kommt. Die Fasern des Aufhängeapparates der Linse können reißen, sodass die Linse zumeist in die vordere Augenkammer vorfällt. Die Linse verlegt den Kammerwinkel, und das Kammerwasser fließt nicht mehr ab. Der Augeninnendruck steigt. Es kommt zu einem Glaukom (Grüner Star) – ebenfalls sehr schmerzhaft.
Kurzer Ausflug in die Embryologie:
Die Linse bildet ihre Kapsel zeitlich noch bevor sich das Immunsystem entwickelt. Das bedeutet, dass das Immunsystem, das in der Kapsel enthaltene Linsenprotein als Fremdsubstanz erkennt und bekämpft.
So kommt es zu einer phakogenen Uveitis anterior (=massive Entzündung der Regenbogenhaut). Dies ist sehr schmerzhaft, was sich darin zeigte, dass Maleika das linke Auge nur noch zukniff und die meiste Zeit des Tages teilnahmslos dasaß.
Therapiemöglichkeiten
Eine Therapie kann mit cortisonhaltigen Augentropfen versucht werden. Da Cortison beim Vogel jedoch nur bei ganz wenigen Erkrankungen unter strenger Indikationsstellung und nur sehr kurzfristig eingesetzt werden darf, war dies hier keine Option.
Theoretisch wäre es möglich, die Linse operativ auszuräumen und durch eine Neue zu ersetzen. Allerdings hat das nur gute Erfolgsaussichten, wenn noch keine Entzündung des Auges vorhanden ist. So entschieden wir uns für die einzig sinnvolle Methode, um Maleika ein schmerzfreies Dasein zu ermöglichen: Die komplette Entfernung des Augapfels!
Das hört sich drastisch an, aber Maleika konnte auf dem Auge ohnehin nichts mehr sehen. Es war lediglich ein stark schmerzendes, hochgradig entzündetes Organ, ohne Heilungsaussichten.
Wie funktioniert die Operation Augenentfernung Graupapagei?
Maleika erhält vor der OP eine Infusion in die Kniefalte, drei Schmerzmittel, ein Antibiotikum und ein Antimykotikum. Das Antimykotium (Mittel gegen Pilze) wird zur Aspergilloseprophylaxe eingesetzt. Graupapageien sind sehr anfällig für diese Schimmelpilzerkrankung, so dass bei der Gabe eines Antibiotikums die Gefahr besteht, dass sich die Pilze vermehren und wachsen.
Nachdem der Vogel mittels einer Inhalationsnarkose schlafen gelegt wurde, schieben wir einen Venenkatheter in die Flügelvene. Damit ist ein venöser Zugang gesichert, um bei Narkosezwischenfällen schnell Medikamente verabreichen zu können. Maleika bekommt einen Tubus (Gummischlauch) in die Luftröhre (Intubation). Das Operationsfeld wird von Federn befreit, gereinigt und desinfiziert.
Die eigentliche Operation: Wir umschneiden die Augenlider und lösen den Augapfel aus der Augenhöhle. Meistens können wir aufgrund des Platzmangels keine Ligatur des Blutgefäßes durchführen. Ein blutstillendes Schwämmchen, welches sich selbst wieder auflöst, wird in die leere Augenhöhle verbracht. Zum Schluss vernähen wir die Augenlider mit einem resorbierbaren (selbstauflösendem) Faden.
Wenige Minuten später sitzt Maleika schon aufrecht in der Aufwachbox und kuschelt wieder mit uns.
Bei der Kontrolluntersuchung nach drei Tagen, sieht die Naht sehr gut aus. Die Schwellung der Wunde ist nahezu verschwunden. Außerdem berichten Maleikas Besitzer, dass es ihr sehr gut geht. Sie hat sogar an Gewicht zugelegt und fühlt sich wieder pudelwohl ohne ständige Kopfschmerzen!