Heute nun der versprochene Blog zum Thema Papageienfütterung. Der Beitrag enthält wissenschaftlich fundierte Artikel vom „Who-is-who“ der Vogeltierärzte . Ganz vorne zu dieses Thema, Tierernährungsspezialistin Prof. Dr. Petra Wolf. Außerdem sind die wichtigsten Auszüge aus dem Sonderheft Ernährung der Papageien-Zeitschrift aus dem Arndt-Verlag enthalten. Zu Beginn dieses Beitrages geht es um die Fütterung von Samen und Saaten und hier direkt ein wichtiger Tipp vorweg: Saaten- und Sämereienmischungen sind KEIN Alleinfutter!
Kern und Schale
Je nachdem, ob das Futter bei der Erstellung von Nährwerttabellen mit oder ohne Schale gemessen wurde, kommen sehr unterschiedliche Werte dabei heraus. Die Werte der entspelzten Saaten sind logischerweise für uns interessant, weil Papageien die Schale nicht mitfressen.
Was befindet sich also im Kern und was in der Schale?
In der Schale ist das Gros an Kalzium, Natrium und Rohfaser enthalten. Der Kern, der dann gefressen wird, enthält viel Rohprotein, Rohfett, Stärke und Phosphor. Er ist sehr energiereich. Besonders fettreiche Samen sind: Sonnenblumenkerne, Hanf, Kardi, Kürbiskern und Nüssen. Mais, Hafer und Hirse sind eher kohlenhydratreich.
Da Fett bekanntlich ein Geschmacksverstärker ist, zeigen viele Papageien eine selektive Futteraufnahme und suchen sich besonders die Sonnenblumenkerne heraus.
Was sollte dem Futter zugesetzt werden
Kalzium
Da Kalzium hauptsächlich in der Schale vorhanden ist, fehlt dies in Kern. Das hat eine Kalziumunterversorgung bei ausschließlicher Körnerfütterung zur Folge.
Besonders verheerende Folgen hat dies während der Legetätigkeit, Aufzucht und im Wachstum. Eine Henne muss das gesamte Kalzium, was in der Eischale eingelagert wird, aus ihrem eigenen Stoffwechsel mobilisieren. Es ist genetisch festgelegt, wie viele Eier so ein Gelege zu haben hat. Wenn man jetzt keine Jungvögel züchten möchte, und der Henne die Eier immer wieder wegnimmt, legt diese nur neue Eier nach. Irgendwann sind ihre Kalziumspeicher aufgebraucht. Die Henne hat sich „leer gelegt“. Sie ist nicht mehr in der Lage, eine harte Eischale zu bilden. Es entstehen weiche Eier (Windeier), die oft nicht gelegt werden können. Die Folge ist eine Legenot, die unbehandelt zu Tod führt.
Niemals die Eier wegnehmen. Wenn Nachwuchs unerwünscht ist, sollten die Eier abgekocht oder durch Gipseier ersetzt werden.
Während der Aufzucht ist es essentiell, dass die Elterntiere ausreichend mit Mineralstoffen versorgt werden, damit sie diese an ihre Brut verfüttern können. Sonst kommt es zu Rachitis mit verbogenen Knochen.
Bei erwachsenden Vögeln können sich Osteoporose (Knochenschwund) oder Osteomalazie (Knochenerweichung) einstellen. Diese Vögel weisen oft mehrere Knochenbrüche ohne vorhergehendes Trauma auf (pathologische Frakturen).
Info: Die ausreichende Versorgung mit Kalzium ist bei Graupapageien besonders wichtig, da sie unter einem Hypokalzämie-Syndrom leiden können, was sich in zentralnervösen Störungen, insbesondere Krämpfen äußert. Dazu mehr im Blog: „Papageienumschau Hypokalzämie„
Vögel besitzen einen Kalzium-spezifischen Appetit, das bedeutet bei erhöhtem Kalziumbedarf versuchen sie auch vermehrt Kalzium zu fressen. Wenn dann jedoch zu wenig Kalzium zur Verfügung steht, beginnen sie Sand auf zu nehmen. Die Folge sind Sandkoliken.
Der Körper benötigt zur Aufnahmen von Kalzium aus dem Darm Vitamin D. Dies kann kaum über die Nahrung zu geführt werden, sondern wird in der Haut durch Sonnenlicht gebildet.
Bei der Fütterung einer Körnermischung ist die zusätzliche Gabe von Kalzium in Form von Mineralstoffpräparaten, Sepia, Knochenschrot oder Eischalen (bitte vorher abkochen) unbedingt nötig! Außerdem müssen die Vögel ausreichend Sonnenlicht oder eine UV-Echtlicht-Lampe angeboten bekommen.
Proteine
Der Proteingehalt einer üblichen Körnermischung ist normalerweise ausreichend. Eng kann es hier allerdings während der Zucht werden. Der Bedarf an Eiweiss steigt während der Brut- und Aufzuchtzeit. Deshalb ist die Gabe von Eifutter während dieser Zeit sinnvoll.
Während der Mauser wechseln die Vögel ihr Federkleid. Die Leber setzt aus Aminosäuren das Federprotein zusammen. Um den gesamten Vogelorganismus während der Mauser zu unterstützen, ist die Gabe von Aminosäurenpräparaten sinnvoll. Eine ausreichende Versorgung mit Kupfer und Zink ist sicherzustellen.
Vitamin A
Im Kern ist auch zu wenig Vitamin A (Karotinoide) enthalten. Bei einer Unterversorgung mit Vitamin A (Hypovitaminose A) kommt es zu Veränderungen der Epithelien (häufig verhornen diese). Die Unterzungenspeicheldrüse vergrößert sich.
Da Vitamin A ein fettlösliches Vitamin ist, sollte es gemeinsam mit Öl aufgenommen werden, welches aber ausreichend in den fettreichen Saaten vorhanden ist. Die Gabe von Palmöl ist den für den Vogel ok, darf aber kritisch betrachtet werden, da hierfür Regenwälder vernichtet werden.
Besonders hoher Gehalt an Vitamin A sind in Karotten, Paprika, Aprikosen, Mangos und Blattsalat.
Pellets und Extrudate
Der grobe Unterschied: Pellets sind im Pressverfahren aus feinkörnigen Rohstoff hergestellt. Extrudate werden als Masse unter Druck im Strang aus einer formgebenden Öffnung gepresst.
Wenn also Körnermischungen kein Alleinfutter sind, kann man dann nicht Pellets beziehungsweise Extrudate füttern? Ja! Nur der Vogel muss da auch mitmachen.
Ein schlagendes Argumente für eine Extrudat/Pelletfütterung ist die bedarfsgerechte Rezeptierung. Der Vogel kann nicht zwischen einzelnen Bestandteilen selektieren. Bekommt so also eine optimale Nährstoffversorgung.
Durch höhere Temperaturen bei der Futter-Herstellung, wird die Futterhygiene gesteigert. Das Futter wird außerdem vollständig gefressen und es fallen weniger Reste an.
Eine Futterumstellung kann sich jedoch als sehr schwierig gestalten. Agaporniden, Amazonen und Kakadus sind da recht flexibel und lassen sich leicht umstellen. Graupapageien verhalten sich da eher ambivalant. Wellen- und Nymphensittiche sind recht eingefahren in ihrem Verhalten der Futteraufnahme.
Früher wurde angenommen, dass die Dauer der Futteraufnahme bei Pellets geringer sei, als bei Körnern, weil hier ja das Ausspelzen entfalle. Das Gegenteil ist jedoch der Fall. Die Vögel sind bei Pellets länger am Fressen, weil diese weniger Energie enthalten. Aus diesem Grund muss mehr Futter aufgenommen werden, was auch mehr Zeit in Anspruch nimmt.
Frau Prof. Wolf konnte in ihren Untersuchungen zeigen, dass die Gabe von Extrudaten/Pellets durchaus nicht zu vernachlässigende Vorteile hat, und diese -wenn auch nicht als Alleinfutter angewandt – eine sinnvolle Aufwertung der Ration darstellen.
Futteraufnahmeverhalten
In freier Natur verbringen Papageien 80% des Tages mit Futtersuche und -Aufnahme – unsere Vögel zuhause gerademal 20%. Da bleibt viel Zeit, um auf dumme Gedanken zu kommen.
Hierzu ein kleines Beispiel: Ein Hyazinthara benötigt zum Öffnen einer Bocainva-Nuss etwas 13 Minuten, um dann eine recht kleine Kernausbeute zu erlangen.
Futter sollte für den Vogel schwer zugänglich versteckt werden (Futterspielzeuge). Auch weniger fettreiches Futter, von dem mehr gefressen werden muss, ist ratsam.
Amazonen
Tja, Amazonen haben leider die A-Karte gezogen. Sie sind dazu verdammt ständig Diät zu halten, weil sie sehr zu Übergewicht neigen. Außerdem haben sie einen niedrigeren Proteinbedarf, als andere Papageien. Das Futter für Amazonen sollte einen hohen Fruchtgehalt haben und eher aus kohlenhydratreichen (Mais, Erbsen) und fettarmen Saaten bestehen.
Achtung Avocados
NIEMALS AVOCADOS VERFÜTTERN!!!
Avocados enthalten Persin und führen zu Atemnot und Herzrasen. Meistens sterben die Vögel innerhalb eines Tages und ein Gegenmittel gibt es nicht!
Quellen:
- P. Wolf „Samen und Saaten für Papageien“
- X. Wapelhorst, J. Kamphues „Calciumergänzung in der Ziervogelfütterung“
- P. Wolf „Extridate/Pellets oder Sämereien – was ist das richtige Futter?“
- D. Britsch „Futteraufnahmeverhalten bei Aras“
- X. Wapelhorst, J. Kamphues „Beifutter in der Ziervogelfütterung – sinnvoll zur Vitamin-A-Versorgung?“
- P. Wolf „Sind Amazonen wirklich Körnerfresser?“
- P. Wolf „Zur Vitaminversorgung von Papageien“