Tierarztpraxis
Dr. Fenske

29. Mai 2020

Kastration Hund

Rigorose, schon vor der Pubertät durchzuführenden Kastrationsbefürworter und militante Verstümmelungsgegner liefern sich auf dem Gebiet Kastration Hund, ein Gefecht mit starken Argumenten. Mit eigener Recherche und Praxiswissen nehmen wir es heute mit diesem Thema auf.

 

Einer Hündin, die 3 Monate im Jahr nach jeder Läufigkeit unter extremer Scheintächtigkeit und damit Traurigkeit leidet, ist mit einer Kastration sehr geholfen.
Bei einem aus Ängstlichkeit beissenden Hund, sollte man diesem tunlichst seine männlichen Hormone lassen, um sein ohnehin schon geringes Selbstbewusstsein nicht noch weiter in den Abgrund zu reißen.

 

Damit stellt sich heraus, dass die Frage: „Soll ich meinen Hund kastrieren lassen?“ nicht pauschal beantwortet werden kann.  Wir können uns aber im Folgenden an diese Entscheidung heranarbeiten.

 

Was ist eigentlich eine Kastration?

Kastration bedeutet: Entfernung der Keimdrüsen, sprich Hoden oder Eierstöcke.

Info: Eine Kastration bezieht sich auf beide Geschlechter. Fälschlicherweise wird die Kastration der Hündin oft als Sterilisation bezeichnet.

Bei einer Sterilisation werden nur die keimleitenden Bahnen (Samenstrang, Eileiter) zur Unfruchtbarmachung durchtrennt. Da bei Tieren nicht nur die Vermehrungsfähigkeit, sondern auch das hormongesteurte triebige Verhalten unterbunden werden soll, werden Tiere i.d.R. immer kastriert.

Und an diesem Punkt scheiden sich die Geister. Darf ich meinen Hund seines natürlichen Geschlechtstriebs berauben, und ist das nicht Teil seiner Individualität und seines Charakters?

Einige Hundehalter verfolgen diese Philosophie. Sie ertragen geduldig das Streunern ihrer Rüden, ziehen den Hündinnen Höschen an, die – hat man mal vergessen sie auszuziehen- auch schnell vollgepinkelt werden. Sie ordnen ihre eigene Bequemlichkeit den Ansprüchen des Hundes unter. Das Credo lautet hier: „Komme ich nicht mit der Sexualität meines Hundes klar, sollte ich mir keinen anschaffen.“

Bei anderen pragmatischeren Hundehaltern ist der Hund Teil der Familie, der sich integrieren muss. Wenn man berufstätig ist, zwei Kindern und Ehemann hinterherputzen muss, hat man nicht noch Lust, mindestens 25mal täglich die Blutflecken der läufigen Hündin vom Boden aufzuwischen.

Beide Seiten haben nachvollziehbare Beweggründe. Als Tierärztin beleuchte ich die gesundheitlichen Aspekte einer Kastration.

1) Unfruchtbarmachung

Als Tierbesitzer kann man Aufatmen. Der streunende freigiebige Rüde kann nicht mehr zur Alimentenzahlung verpflichtet werden, und die ausgebüxte Hündin legt nicht 9 Wochen nach ihrem Liebestripp ungewollte Eier. Ja, sicherlich sollte jeder Besitzer auf sein Tier aufpassen, aber das ist gar nicht immer so einfach. Gerade, wenn die hinterm Gartenzaun vermeintlich sichere Schwerenöterin durch ausreichenden Erfindungsreichtum und Gelenkigkeit, rückwärts in die Gartenzaunlücke einparkt, um dem Nachbarsrüden ein paar Momente des Glücks zu bescheren.

2) Ausschaltung des Hormontriebs

Was für die Einen wichtiger Bestandteil des Tiercharakters ist, macht anderen Besitzern große Sorgen. Wenn der Rüden ständig wegläuft. Vor Liebeskrankheit nicht mehr fressen möchte und sich jede Nacht in den Schlaf weint bzw. die Nächte durchjault, ist das nur schwer vereinbar mit einer gesunden wohlwollenden Nachbarschaftsbeziehung.

 

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Kastration Hündin Schaubild

Vorteile der Kastration einer Hündin

Verhindern der Scheintächtigkeit.

Einige Hündinnen werden 6-9 Wochen nach der Läufigkeit scheinträchtig. Dies ist ein Überbleibsel aus der Zeit als wir noch Jäger und Sammler und unsere Hunde noch Wölfe waren. Im Wolfsrudel bekommt nämlich nur die AlphaWölfin die Welpen. Der restliche weibliche Bestandteil des Rudels fungiert als Ammengemeinschaft und kann einspringen, falls der AlphaWölfin ein Unglück zustößt.
Das hört sich per se nicht so tragisch an, nimmt die Hündinnen aber oft sehr mit. Ihr Gesäuge bildet sich an, und sie bekommen Milch wie bei einer echten Trächtigkeit. Auch die Psyche ist ganz auf Nestbau und Babyssäugen gepolt. Nur dumm und frustrierend, wenn da nichts zum Bemuttern ist. Da müssen dann Kuscheltiere, Schuhe und sonstige Utensilien herhalten.

Und noch ein Erklärungsversuch für uns Frauen (Männer können das nur schwerlich nachvollziehen): Das ist wie schlimmes PMS und postnatale Depressionen in Einem. Das will man/frau seiner Hündin auf gar keinen Fall zumuten!

Reduzierung des Mammatumorrisikos.

Viele (nicht alle) Gesäugetumore sind hormonabhängig. Diese Hormonrezeptoren bilden sich innerhalb der ersten drei Läufigkeiten aus. Will man also „Brustkrebs“ vorbeugen, muss man vor der dritten Läufigkeit kastrieren. Am besten sogar vor der ersten Läufigkeit. Mit der ersten und zweiten steigt das Risiko. Nach der dritten sind alle Hormonrezeptoren ausgebildet.

Verhindern von geschlechtsassoziierten Erkrankungen.

Entfernt man frühzeitig Eierstöcke und Gebärmutter, können diese logischerweise nicht mehr erkranken. Eierstocks- und Gebärmutterkrebs sind zum Glück eher selten.
Aber eine Gebärmutterentzündung, eine sogannte Pyometra (von uns Tierärzten liebevoll „Pyo“ genannt. Hat eine ähnliche Wirkung auf uns, wie das Wort „Magendrehung“ und stellt sich gerne kurz vor Feierabend oder zum Wochenende ein), kommt schon recht oft vor.

Diese ist unbehandelt lebensbedrohlich. Und schon manch ein Hundebesitzer (und auch sein Tierarzt) hat sich gewünscht, seine Hündin rechtzeitig kastriert zu haben, wenn diese 13-jährig mit Fieber und waschechter Niereninsuffizienz aufgrund der Entzündungstoxine auf dem OP-Tisch um ihr Leben kämpft.

Dies sind bisher alles spekulative Gründe. Wer weiß schon, ob die Hündin, auch wenn sie bis an ihr Lebensende eine regelmäßige Läufigkeit hat (Hunde kommen nicht in die Wechseljahre, sondern werden weiter läufig), jemals Gesäugetumore oder eine Pyometra bekommt? Das muss ja nicht passieren.

Bei folgenden Erkrankungen, MUSS man (meiner Meinung nach) jedoch kastrieren:

Diabetes mellitus (Zuckerkrankheit) der Hündin.

Dieser ist meist gestagenabhängig und verschwindet i.d.R. nach einer Kastration von ganz alleine.

Gebärmutterentzündung (Pyometra).

Mit Ausnahme sehr alter bzw. Hündinnen mit schweren Vorerkrankungen (Corona läßt grüßen), die vermutlich die nächste Läufigkeit sowieso nicht erleben.
In diesem Fall kann mit Hilfe von Hormoninjektionen (Alizine) der Muttermund geöffnet und die Gebärmutter zum Kontrahieren gebracht werden. Zusätzlich ist eine Antibiose erforderlich. Sollte die Hündin das Alles gut überstehen, stellt sich meistens nach der nächsten Läufigkeit wieder eine Pyometra ein.

Tumore der Eierstöcke und der Gebärmutter.

Diese müssen entfernt werden, indem die Hündin kastriert wird.
Mammatumore sollten ebenfalls schnellstmöglich herausoperiert werden. Wenn die Hündin schon mindestens 3 Läufigkeiten durchlaufen hat, hat eine Kastration jedoch keinen Einfluss mehr auf das erneute Entstehen von Gesäugetumore.
Bei einem Scheidenvorfall ist ebenfalls eine Kastration nötig.

 

 

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Kastration Hund Rüde Schaubild

Vorteile der Kastration eines Rüden

Geschlechtshormonassoziiertes Aggressionsverhalten:

Bei aggressivem Verhalten, welches tatsächlich durch Geschlechtshormone ausgelöst wird, KANN eine Kastration helfen.
Sicherlich ist es aber sinnvoll, den Rat eines/einer Verhaltenstherapeuten/in einzuholen.

Hodentumore:

Diese sollten natürlich entfernt werden.

Kryptorchismus:

Die Hoden entwickeln sich embryologisch in der Bauchhöhle und liegen dabei hinter den Nieren. Von dort wandern sie bis zur Geburt durch den Leistenkanal in den Hodensack. Dieser Prozess ist bei manchen Rüden gestört. Der Hoden bleibt auf dem Weg irgendwo stecken. Der gemeine Hoden liebt es etwas kühler und ist deswegen ausgelagert im Hodensack gut aufgehoben. Für den steckengebliebenen Hoden ist es in der Körperhöhle oder im Leistenkanal zu warm. Diese Hoden neigen dazu tumorös zu entarten, sollten also beizeiten entfernt werden. Was gar nicht immer so einfach ist, weil diese Hoden meistens deutlich kleiner und weicher und somit schwierig zu finden sind.

Benigne Prostatahyperplasie:

Manche Rüden sind für das weibliche Geschlecht derart empfänglich, dass sie schnell in eine Hypersexualität hineinschlittern. Sie haben dann nur das Eine im Kopf und sind zu nichts mehr zu gebrauchen. Einige leiden unter einer gutartigen Prostatavergrößerung, die den Urinabsatz behindern kann und nicht selten in einer Prostataentzündung endet.
Diese Rüden sollten hormonell ruhig gestellt werden. Entweder durch eine Kastration oder einen Hormonchip.

Hormonchip (Suprelorin) – eine Alternative zur Kastration bei Rüden:

Diese Hormonchips sind in etwa so groß wie ein Mikrochip zur Kennzeichnung (etwas reiskorngroß). Sie werden genauso mit einer großen Kanüle unter die Haut implantiert und geben dann über einen gewissen Zeitraum ein Hormon ab, welches über einen negativen Feedbackkmechanismus die Geschlechtshormonproduktion herunterreguliert. Die Hoden werden ganz klein. Um den negativen Feedback auszulösen, werden die Hormone jedoch zunächst hochgefahren. Der Wirkungseintritt kann bis zu 4 Wochen dauern.
Die Wirkung variiert mit Hunde- und Chipgröße. Der 4,7mg-Chip hält etwa ein halbes bis Dreivierteljahr, der große 9,4mg Chip bis zu 1 1/2 Jahre.
Der Chip ist eine gute Alternative zur Kastration. Oder kann auch gut als Probe aufs Exempel genutzt werden, um zu schauen, wie sich so die Eunuchenqualitäten des eigenen Hund darstellen, da seine Wirkung ja wieder nachlässt.

 

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Hund mit Schutzkragen

Nachteile und Gefahren Kastration Hund

Narkoserisiko:

Zunächst einmal ist eine Kastration eine Operation, die bei uns natürlich in Vollnarkose durchgeführt wird.
Eine Narkose birgt immer ein unvorhersehbares Risiko, was wir durch das Legen eines venösen Zugangs, Verwendung „verträglicher“ Narkotika, Intubation, Oesophagussonde, Messung der Herzfrequenz, Sauerstoff- und Kohlendioxidkonzentration im Blut soweit wie möglich reduzieren. Dennoch bleibt ein Restrisiko.
Und wenn, wie neulich geschehen, ein Kundin fragt, ob ich ihr verspreche, dass ihr Hund wieder wach wird, kann ich da ehrlicherweise nur antworten, dass ich das nicht versprechen kann. Genauso wenig wie ein Pilot nicht versprechen kann, dass ein Flugzeug nicht abstürzt.

Das Operationsrisiko ist bei der Kastration eines Rüden deutlich geringer im Vergleich zur Hündin. Der Grund dafür ist die Anatomie.
Beim Rüden befinden sich die Hoden ausgelagert aus der Bauchhöhle, frei zugänglich im Hodensack, mit Ausnahme von Krytorchiden. Es ist eine kleine Hautinzinzision nötig, um den Hoden freizulegen, vorzulagern und zu entfernen. Dafür muss die Bauchhöhle nicht eröffnet werden.

Nachblutungen:

Bei der Hündin befinden sich Eierstöcke und Gebärmutter im Bauch. Dieser muss also eröffnet werden. Die Eierstöcke liegen kurz hinter den Nieren nahe der Wirbelsäule. Bei tiefbrüstigen Rassen hat sich die Natur einen neckigen Gag einfallen lassen. Dort liegen sie noch unter dem OP-Tisch! Nein, natürlich nicht. Aber des Eindrucks kann man sich leider manchmal nicht erwehren. Es ist nämlich keineswegs immer einfach, die Eierstöcke soweit vorzulagern, dass sie problemlos mal eben abgebunden werden können. Das ist manchmal ein ganz schöner Akt. Dummerweise ist das Blutgefäß, welches die Eierstöcke versorgt ziemlich dick und kann, nicht vollständig abgebunden, zu lebensbedrohlichen Nachblutungen führen.

Dann seien zu guter Letzt noch Wundheilungsstörungen durch Belecken der Naht, Resorptionsstörungen des Nahtmaterials, Infektionen,… genannt. Ich möchte hier keinem Angst machen. Dies sind Dinge, die nicht oft passieren, aber geschehen können.

Inkontinenz:

Durch das Fehlen der Geschlechtshormone kann die Blasenverschlussmuskulatur schwächer werden, was zum Urinträufeln führen kann.
Es tritt bei Rüden und kleineren Hündinnen wirklich selten auf. Bei Hündinnen über 20kg (insbesondere bei Boxerhündinnen) muss man aber darüber reden. Therapieoptionen sind die lebenslange Gabe von Sympathomimetika,Hormonen oder der Unterspritzung der Blasenschlussmuskels mit Kollagen.

Adipositas:

Durch die hormonelle Umstellung können einige Hunde dazu neigen, zu dick zu werden. Dies hat aber sicherlich auch viel mit einer adäquaten Fütterung zu tun.

Schilddrüsenunterfunktion:

Diese tritt zu einem großen Prozentsatz bei kastrierten Hunden auf.

Tumore, Knochentumore:

Bei frühzeitiger Kastration, vor Ende der Pubertät, fehlen die Geschlechtshormone, um den Schluss der Wachstumsfugen im Knochen auszulösen. Der Knochen wächst also länger als vorgesehen. Dies wird als Ursache dafür diskutiert, dass kastrierte großwüchsige Hunde (insbesondere Hündinnen) ein erhöhtes Risiko haben, an Knochenkrebs zu erkranken.

Man treibt hier also den Teufel mit dem Belzebub aus. In guter Absicht, seine Hündin vor Gesäugetumoren zu schützen, lässt man sie schon vor der ersten Läufigkeiten kastrieren. Riskiert damit jedoch eine Knochenkrebserkrankung!

Außerdem scheinen noch andere Tumorarten wie bspw. Milztumore gehäuft bei kastrierten Hunden vorzukommen.

Arthrosen und Hüftdysplasie:

Wie schon bei den Knochentumoren beschrieben, haben früh kastrierte Hunde durch den verzögerten Wachstumsfugenschluss ein anderthalbfach erhöhtes Risiko an Hüftdysplasie, Arthrosen oder Kreuzbandrissen zu erkranken.

Prostatatumore:

Was der gutartigen Prostatavergrößerung vorbeugt, erhöht leider das Risiko der Entstehung von Prostatakrebs. Kastrierte Rüden erkranken statistisch häufiger an bösartigen Prostatatumoren.

Welpenfell:

Eine von Freunden der Kurzhaarrassen eher belächelte Nebenwirkung einer Kastration, ist die Rückkehr des Welpenfells.
Allerdings finden Cocker- und Irish Setter-Halter es weniger lustig, wenn ihr vormals seidig-glänzender Hund nach der Kastration als Wattebausch über die Hundewiese tollt.

Ängstlichkeit, Jagdtrieb:

Bei ängstlichen, sehr scheuen Hunden, kann eine Kastration dies Verhalten noch verstärken. In jedem Fall sollte so ein Hund nicht vor der Pubertät kastriert werden.
Nach der Pubertät sollte man schauen, ob sich das Verhalten bessert. Aber auch dann muss man sich eine Kastration sehr gut überlegen, da jegliche hormonelle Veränderung ein erneutes Auftreten von ängstlichem Verhalten triggern können.
Bei kastrierten Hunden kann derJagdtrieb verstärkt werden.

 

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Scheinträchtige Hündin

Kastration Hund – Wann ist der beste Zeitpunkt?

Hierüber ändert sich die Lehrmeinung regelmäßig.
Noch vor 5 Jahren war die aus den USA herüberschwappende Frühkastration (vor der ersten Läufigkeit) modern.
Hiervon hat man sich weitgehend verabschiedet, nachdem das erhöhte Knochenkrebs publik wurde, und die Verhaltenstherapeuten vor infantilen Verhaltensauffälligkeiten warnten.

Zurzeit liegt der Konsens bei nach der Pubertät und nach Abschluss des Knochenwachstums (also nach der ersten oder zweiten Läufigkeiten). Das ist allerdings gar nicht immer so einfach zu sagen. Gerade großwüchsige Hunde können noch bis zu einem Alter von 2 Jahren wachsen oder auch ziemlich lange pubertieren.

Wann im Zyklus sollte eine Hündin kastriert werden?

Im Anöstrus, wenn die Geschlechtsorgane ruhen und so wenig wie möglich durchblutet sind. Dies ist 3-4 Monate nach der letzten Läufigkeit. Vorsicht bei Hündinnen die dreimal im Jahr läufig werden. Da muss der Abstand zur letzten Läufigkeit entsprechend verringert werden.
Um den Zyklusstand zu bestimmen, können wir einen Abstrich aus der Scheide unterm Mikroskop anschauen und anhand des Zellbildes den richtigen Kastrationszeitpunkt bestimmen.

Eierstöcke und Gebärmutter oder nur Eierstöcke?

Auch hier gibt es unterschiedliche Meinungen.
Wir halten es zur Zeit so, dass wir bei jungen Hündinnen, deren Gebärmutter völlig unauffällig, nur die Eierstöcke entfernen. Durch den fehlenden hormonellen Einfluss verkümmert die Gebärmutter und macht keinerlei Probleme.

Bei älteren Hündinnen hingegen nehmen wir die Eierstöcke und die Gebärmutter heraus, um Erkrankungen vorzubeugen.

Kann ich bei der Hündin nicht auch Hormone spritzen, damit sie nicht mehr läufig wird?

Ja, das kann man. Wurde früher auch sehr viel gemacht. Mittlerweile ist dies aber, bis auf wenige Ausnahmen, obsolet.
Da ein deutlich erhöhtes Risiko besteht, Gesäugetumoren und/oder eine Gebärmutterentzündung damit auszulösen.

So, wer jetzt noch nicht der vollendeten Verwirrung erlegen ist, dem sei gesagt, dass es noch einen weiteren Aspekt zur Kastration gibt, nämlich den tierschutzrechtlichen.

Tierschutzgesetz

In §6 des Tierschutzgesetzes steht, dass das Entfernen von Organen bei Wirbeltiere verboten ist.
Ausnahmen sind, wenn:

  • „eine tierärztliche Indikation besteht“. Dies ist bei den bereits erwähnten Gründen (Pyometra, Tumore,….) der Fall.
  • „es der Verhinderung der Fortpflanzung dient“.
    Hier stellt sich die Frage: Wenn ein Hormonchip (zumindest beim Rüden) ohne großen Aufwand und ohne Narkose implantieren werden kann, darf man dann denn überhaupt noch kastrieren?
  • „es zur weiteren Nutzung und Haltung notwendig ist“.
    Und hier wird es schwammig. Was genau bedeutet das?
    Ist die Bequemlichkeit des Tierhalters ein Grund? In den USA werden beispielsweise Katzen alle Krallen inklusive des letzten Zehengliedes amputiert, damit sie nicht die Möbel zerkratzen. Inwieweit darf man in den tierischen Organismus eingreifen, nur um sie unseren Bedürfnissen anzupassen? Gute Frage.

was-kostet-eine-kastration-hund

Was kostet eine Kastration beim Hund?

Die Kosten setzten sich aus mehreren Punkten zusammen. Zunächst einmal die Narkose.Hier gibt es große qualitative Unterschiede, auf die man unbedingt achten sollte.

Diese reichen von einer einzigen intramuskulären Injektion eines Narkosemittels ohne weitere zusätzliche Massnahmen bis hin zu allen möglichen Sicherheitsmassnahmen, die das Gelingen einer Narkose gewährleisten sollen. Dazu gehören: venöser Zugang, Intubation, Oesophagusstethoskops, Verwendung gut verträglicher Narkotika inkl. Inhalationsnarkose, gute Schmerzabdeckung, Bestimmung der Sauerstoff- und Kohlendioxidkonzentration im Blut und der Herzfrequenz und  intravenöse Infusion. Dieser Aufwand kostet leider auch mehr und liegt bei uns bei 120-150€.

Dann kommen dazu die eigentlichen Kosten der Operation an sich plus Material. Da dies beim Rüden deutlich weniger aufwendig ist, kostet eine Rüdenkastration auch viel weniger.

Leckschutz in Form eines Halskragen oder Bodies und Medikamente (Antibiotikum und Schmerzmittel) werden addiert, und so landet man bei einer Hündin bei etwa 500€ und bei einem Rüden (je nach Größe) zwischen 220 und 250€.

Hier lohnt sich der Kostenvergleich zur hormonellen Rüdenkastration mit einem Chip.

Wenn man seinen Hund lebenslang hormonell ruhigstellen möchte nehmen wir dazu den großen Chip, der pro Implatation ca. 200€ kostet und etwas 1 1/2 Jahre hält. Bei einer Lebenserwartung von 12 Jahren und einer Geschechtsreife von anderthalb Jahren, müsste sechsmal eine Chip implantierte werden, macht dann ca. 1200 €.

Im Gegensatz zu den Kosten einer Kastration, die sich von 220€ bis 250€ belaufen.

 

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Meinung von Tierarztbergedorf Dr. Fenske

Meine Meinung

Ich bin eher eine Befürworterin der Kastration, weil viele Erkrankungen dadurch verhindert werden können.
Als Kind hatten wir zuhause nur unkastrierte Dackelhündinnen, die alle irgendwann ihre Mammatumore bekamen und meistens mehrmals daran operiert werden mussten. Meine eigene Hündin ist mit 13 Jahren fast an einer Gebärmutterentzündung gestorben. Und auch in der Praxis sehen wir heute oft diese beiden Erkrankungen bei unkastrierten Hündinnen.

Auch finde ich es als Hundehalter angenehmer, wenn das triebige Verhalten ausgeschaltet ist. Was hat ein Hund davon, wenn er nur zu gerne würde, auch könnte, aber nicht darf? Und das Spazierengehen mit einem angefixten Rüden, der alle 2 Schritte stehen bleibt, um sein Bein zu heben, ist auch kein Spaß. Das ist aber sicherlich Geschmackssache und mich jeder für sich selbst entscheiden.

Andererseits muss man sich aber auch die o.g. Nachteile einer Kastration, die nicht zu vernachlässigen sind, vor Augen halten. In jedem einzelnen Fall sollten individuell  Vor- und Nachteile gegeneinander abgewogen werden, um eine Entscheidund zu treffen.

Ich finde es wichtig, den Hund unkastriert durch die Pubertät kommen zu lassen, damit er/sie körperlich und geistig erwachsen werden kann.

Bei ängstlichen Hunden bin ich sehr vorsichtig mit einer Kastration. Häufig verstärkt sich danach das Verhalten.

 

Wir hoffen, dass Ihnen unser Beitrag zusätzliches Wissen vermitteln konnte und bei dieser nicht einfach zu treffenden Entscheidung helfen kann.

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